Punisher (2016) 1 – Operation Condor: Super Söldner, mega-aggro

Der Punisher hat bei Marvel Comics im Lauf seiner Karriere so viele Gesichter gehabt, dass es schwer ist, da einen einheitlichen Faden zu finden. Im Grunde genommen, konkurrieren zwei Versionen des selbsternannten Vigilanten Frank Castle: eine, die sich nahtlos in das Marvel superhelden-Universum einfügt und eine deutlich derbere, die vor allem für ältere Leser gedacht ist. Die neue Punisher-Serie, inzwischen glaube ich die zehnte, die bei Marvel Comics an den Start geht, setzt – nicht nur wegen des Artwork von Zeichner Steve Dillon – eher auf Fans, die die brutaleren Punisher Max Comics mögen. Frank Castle bekommt es mit einer Truppe von aufgeputschten Supersöldnern zu tun.

Während die D.E.A. in Person von Agentin Ortiz und Agent Henderson in einem Gewerbegebiet in Brooklyn darauf warten, eine sehr eigenwillige Drogenlieferung hochzunehmen, ist der Punisher schon längst bei der Arbeit und legt das Lagerhaus im Alleingang lahm. Dabei trifft er auf seinen alten Marine-Gefährten Olaf, der sich damals, nach dem gemeinsamen Einsatz mit Frank Castle, der privaten Sicherheitsfirma Condor angeschlossen hat. Und wie es scheint, haben die gerade eine Superdroge (EMC) entwickelt, die Soldaten in einen Blutrausch versetzt und zusätzlich noch mit übermenschlichen Kräften versorgt. Genau der Stoff, hinter dem auch die die D.E.A. her ist.

Olaf setzt Castle auf eine Spur, die nach Vermont führt, mitten im tiefsten Redneck-Hillbilly-Gebiet soll sich das geheime Labor verstecken. Der Punisher bekommt es mit einer Horde durchgeknallter Rowdies zu tun und mit einem Vater, der sein Kind auch schon mal Kippen und Alkohol holen schickt. In dieser Situation hart die kleine Juniper allerdings ein hochexplosives Geschenk für die ungebetenen Gäste. Denn auch Ortiz und Henderson tauchen bei dem Stelldichein auf. Mit dem psychopathischen Face, der für Condor den Punisher ausschalten soll, hat allerdings keiner gerechnet und da bietet es sich an, dass Ortiz und Castle zumindest zeitweise zusammenarbeiten.

Autorin Becky Cloonan liefert den eingefleischten „Punisher“-Fans, eine Story, die reich an Action und derben Szenen ist. Also genau das, was den „Max“-Punisher ausgemacht hat. Die neue Inkarnation des nach seinem Ausflug nach Los Angeles (Siehe Punisher (2014) 1) und seinem Tod, wieder in New York ansässigen Frank Castle ist storytechnisch allerdings nur solide ausgefallen. Cloonan mischt die üblichen zutaten allerdings sehr unterhaltsam zusammen. Das Team up mit der toughen Agentin funktioniert ebenso gut, wie der durchgeknallte Psychopath und das Wiedersehen mit einem alten Weggefährten. Die Konfrontation des Punishers mit militärischen Gegenspielern hat schon in „Punisher: Nightmare“ gut funktioniert und entfaltet auch in „Operation Condor“ seinen Reiz.
Aber zumindest genauso interessant wie die Story dieser neuen „Punisher“-Serie ist, dass Zeichner Steve Dillon das Artwork übernommen hat. Für Dillon, der Ende 2016 überraschend an einem Blinddarmdurchbruch starb, ist dies die sechste Punisher Serie, bei der er die Zeichnungen beisteuert. Zumeist illustrierte er dabei Stories seines Autorenpartners Garth Ennis. Die beiden als Dream Team des erwachsenen Action-Comics zu bezeichnen wäre fast zu tief gestapelt. Denn zumindest mit der Serie „Preacher“ aber eigentlich auch mit der gemeinsamen, langen  Strecke in der Serie „Hellblazer“ haben Ennis und Dillon Comic-Geschichte geschrieben.

Aber Steve Dillon gehört auch zu den wichtigsten „Punisher“-Zeichnern und seine Szenen sind auch in „Operation Condor“ von großer Klarheit und fast diabolischer Faszination für etwas derbere Details. Für die Farben sind in den sechs Auftakt-US-Ausgaben, die in dem Panini-Sammelband „Operation Condor“ enthalten sind und einen abgeschlossenen Storybogen präsentieren die Herren Lee Duhig und Frank Martin zuständig. Martin, der auch Jonathan Hickmans Epos „East of West“ koloriert hat, steht auf satte Farben und flächige Farbgebung. Im “Punisher“ ist das vielleicht gelegentlich etwas übertrieben, aber im Großen und Ganzen ergibt sich daraus ein gelungenes Artwork. Großartig sind auch die Cover, die von Declan Shalvey („Moon Knight 1“) stammen. Der Mann zählt einfach zu den besten Cover-Künstlern, die zur Zeit in der Superhelden-Szene unterwegs sind.

Am Auftakt der neuen „Punisher“-Serie gibt es nichts zu Meckern. Becky Cloonan und Steve Dillon ist ein ebenso typischer wie derber Punisher-Actioner gelungen. Mal sehen, wie sich die Figur nun entwickelt. Da könnte was gehen.

Comic-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

Punisher 1 – Operation Condor
OT: Punisher (2016) 1-6. , Marcel Comics, 2016-17
Genre: Superhelden, Action, Thriller
Autor: Becky Cloonan
Zeichner: Steve Dillon
Farben: Lee Duhig, Frank Martin
Übersetzung: Caroline Hidalgo
Verlag: Panini Comics, Softcover, 140 Seiten
VÖ:  18.04.2017