Poldark – Staffel 1: Rückkehr und Neustart

Mit der Neuverfilmung der romantischen und historischen Drama-Serie „Poldark“ ist der BBC 2015 ein echter Quotenhammer gelungen. Hierzulande wurde die Serie auf dem Pay-TV Sender Sony Channel ausgestrahlt. Edel Motion hat die erste Staffel Anfang April 2017 als DVD und Blu-ray auf den Markt gebracht.  Nicht nur Hauptdarsteller Aidan Turner sorgt dafür, dass „Poldark“ Suchtcharakter entwickelt.

Ende des 18. Jahrhunderts kehrt der Landadelige Ross Poldark (Aidan Turner) in seine Heimat Cornwall zurück. Poldark hatte zuvor drei Jahre im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gekämpft und zuhause hat man ihn längst für tot gehalten. Doch Ross Poldarks Auftauchen sorgt nicht nur für freudige Überraschungen und auch der Heimkehrer muss feststellen, dass sich Etliches zum Schlechten entwickelt hat. Sein Vater ist in der Zwischenzeit gestorben und das Anwesen Nampara ist ebenso heruntergewirtschaftet wie die Minen, die seit langem keine Bodenschätze mehr hervorbringen. Schlimmer aber trifft Ross, dass seine große Liebe Elizabeth (Heida Reed) sich gerade mit Ross‘ Cousin Francis verlobt hat, denn auch sie hat nicht mehr an Ross‘ Rückkehr geglaubt.

Stoisch akzeptiert Poldark diese Verbindung und macht sich zweifelnd daran, den Familienbesitz wieder auf die Beine zu  bringen. Das gestaltet sich allerdings schwieriger als angenommen, denn der Bergbau-Branche in Cornwall geht es nicht gut. Die Minen sind großteils ausgebeutet und die Bevölkerung leidet Hunger und Not. Doch als Ross in einer der stillgelegten Minen Kupfer entdeckt, schöpft er wieder Hoffnung. Außerdem bereichert er den Haushalt auf Nampara um das streunende Straßemädchen Demelza (Eleanor Tomlinson), die er aus Großherzigkeit vor dem Pöbel beschützt und ihr eine Stellung anbietet.

Mit seinen „Poldark“-Romanen schuf Autor Winston Graham ab 1945 eine Historien-Saga um einen ganz außerordentlichen Helden, der als Adeliger mit seiner sozialen Ader und seiner verwegenen Art irgendwo zwischen Robin Hood und Darcy aus Jane Austens Roman „Stolz und Vorurteil“ angesiedelt ist. Neben einer faszinierenden und schillernden Romanze hat Grahams Geschichte aber deutlich mehr zu bieten, Die „Poldark“-Bücher nehmen sowohl soziale Phänomene und Wandel des ausgehenden 18. Jahrhunderts auf als auch die landschaftlichen Besonderheiten der Küstenlandschaft des südenglischen Cornwall. Dabei ist Ross Poldark ein recht moderner Held, der mit seinen progressiven Ansichten den Untergang der englischen Aristokratie quasi verkörpert und keine Berührungsängste mit den einfachen Leuten hat, sich mit ihnen unabhängig von Stand und Ansehen gemein macht.

Die BBC verfilmte die „Poldark“-Bücher bereits in den 1970er Jahren mit Robin Ellis in der Titelrolle. Schon damals war die Serie ein Publikumsliebling. Doch die Macher von „Poldark“ anno 2015 kleben nicht an der Serienvorlage, sondern erzählen ihre Geschichte mit eigenem Stil und angepasst an moderner Sehgewohnheiten, ohne den Geist der Bücher zu vernachlässigen. Dazu sorgt die Landschaft für einen Schauwert an sich und ist schon fast so etwas wie ein eigenständiger Charakter der Serie. Der Erfolg der Serie hat auch schon zu einem kleinen Tourismusboom geführt und weitere Staffeln sind schon in Planung beziehungsweise abgedreht.

Was aber macht „Poldark“ auch heute in der Neuauflage so sehenswert wie erfolgreich? Seit einigen Jahren hält der Serienboom für TV-Formate nun schon an. Inzwischen hat sich die Serie im Allgemienen oftmals als das bessere Kino erwiesen und „Serienbinging“, also etliche Folgen nahceinander zu schauen, ist ein allseits akzeptiertes soziales Phänomen. Die inhaltliche und stilistische Vielfalt der Serien ist grenzenlos. In Zeiten, in denen fast alle nur über aufwändige Fantasy- und Action-Serien wie „Game of Thrones“ zu reden scheinen, wird gerne vergessen, dass auch andere Genres Erfolgsmodelle aufweisen können. Etwa die historische Romanze „Outlander“ oder das Sozialdrama „Downton Abbey“; die Neuauflage von „Poldark“ reiht sich souverän in diese Aufzählung ein.

Abgesehen von Milieu und Zeit, die sich von den beiden genannten Serien unterscheiden, ist es vor allem die thematische Vielfalt, die die Lebensgeschichte des Ross Poldark hergibt und die von Drehbuchautorin Debbie Horsfield wunderbar in en Handlungsrahmen aus tragischer Liebesgeschichte und Zeitenwandel einzubauen versteht. Egal, ob sich Ross mit den Folgen der Wilderei eines seiner Bauern beschäftigen muss, die Kartell-hafte Organisation der Erzgesellschaften anprangert oder von den Auswirkungen des Thyphus betroffen wird, stets haben die acht Folgen der ersten  „Poldark“-Staffel auch  eine gehörige Portion Romantik und Drama zu bieten, welche  die wirklich beherzt aufspielende Besetzung und vor allem das Trio Eleanore Tomlinson, Helen Reed und Aidan Turner sehenswert auf den Bildschirm transportiert.

Hierin zeigt sich  die Qualität der zeitlosen literarischen Vorlage, mit der in Großbritannien schon einige Generationen aufgewachsen sind, ähnlich wie mit den Abenteuern des Horatio Hornblower von C.S. Forester. Aber die thematische Ausgewogenheit, die erstaunliche Breite, mit der die Serienhandlung angelegt und auf diverse Charaktere verteilt ist, und der Abwechslungsreichtum der Episoden-Drehbücher ist auch eine Folge erstklassigen filmischen Erzählens. Das macht es den Regisseuren leicht, ihre Story packend und wunderbar bebildert umzusetzen.

Selbstverständlich sorgt der irische Schauspieler Aidan Turner, der schon als Zwerg Kili in „Der Hobbit“ eine große, unmöglich erscheinende Liebe zu einer Elfin überzeugend und verwegen darzustellen wusste, nicht nur bei den weiblichen Zuschauern für Begeisterung, sondern weiß mit seinem ingrimmigen Außenseitertum, seiner Großherzigkeit und seinem Wagemut auch als fast klassischer Held zu überzeugen. Hinzu kommen auch etliche schillernde Gegenspieler und eine aufwändige Ausstattung der Produktion.

Die Aufmachung der bei Edel verlegten ersten „Poldark“-Staffel kann sich ebenfalls sehen lassen. Neben Sammelkarten (von denen es momentan allerdings erst drei Motive gibt) hat die Blu-ray (ebenso wie die DVD-Box) auch interessantes Bonusmaterial zu bieten. Neben einem Audiokommentar zur ersten Folge, bei dem Serienmacher und Hauptdarsteller zu hören sind, gibt es zwei jeweils etwa achtminütige Featurettes, die vor der Erstausstrahlung im Vereinigten Königreich entstanden sind – eines über den Charakter Ross Poldark und eines über die Frauen bei  „Poldark“, zu denen neben Demelza und Elizabeth auch Ross Cousine Verity gehört.

Weitaus interessanter ist allerdings der einstündige Blick hinter die Kulissen. In „Poldark Revealed – Die Entstehung der Poldark Saga“ kommen nicht nur die Vorgängerserie aus den 1970ern und die Bücher von Graham zu verdienten würden, sondern auch die Produktionsgeschichte bei der BBC wird geschildert, inclusive Serien-Casting und Auswahl der Drehorte. Das ist alles in allem sehr informativ und für Serienfans, die die Zuschauer nach den acht Folgen zweifellos geworden sind, quasi unverzichtbar – sollte aber um der Spannung wegen auch erst nach Genuss der Serie gesehen werden.

Mit „Poldark“ hat die BBC  ein absolutes Highlight der romantischen historischen Serienunterhaltung produziert, das in jeder Hinsicht zu faszinieren weiß.  Bleibt nur zu hoffen, dass der Nachschub bald kommt und nicht von Strandpiraten geplündert wird. Möge die zweite Staffel von „Poldark“ möglichst fix auch für den deutschen Hausgebrauch aufgelegt werden.

Serien-Wertung 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

Poldark – Staffel 1
OT: Poldark Season 1
Genre: TV-Serie, Drama, Romanze, Historie
Länge: ca. 460 Minuten, 8 Episoden, GB, 2015
Drehbuch: Debbie Horsfield
Romanvorlage: Winston Graham
Regie: Edward Bazalgette, William McGregor
Darsteller: Aidan Turner, Heida Reed, Eleanor Tomlinson, Jack Farthing
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel Motion
DVD- & BD-VÖ: 07.04.2017

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