Logan – The Wolverine: The Man Comes Around

Fans war schon von Beginn an klar, dass Schauspieler Hugh Jackman die Idealbesetzung für den „Marvel“ Superhelden Wolverine ist. Nun schlüpft der Hollywood-Star in „Logan“ zum definitiv letzten Mal in die Rolle des beliebten „Vielfraßes“. Regisseur James Mangold beendet damit auch die Solo-Trilogie des Marvel-Superhelden und Mitgliedes der X-Men. Wolverines Schwanengesang ist furios. Im Kino ab 2.März 2017

Ja, hier wird auch ein wenig gespoilert; bleibt ja nicht aus, wenn man sich einigermaßen ernsthaft mit „Logan – The Wolverine“ auseinandersetzen will. Und so viel sei vorab verraten: „Logan“ ist der reifste Marvel-Superhelden-Film überhaupt. Das betrifft nicht nur die angesprochene realistische Brutalität, sondern vor allem das dramatische Potential der Geschichte, die mit gängigen, von Kostümierten bevölkerten Blockbustern wie etwa  „X-Men: Apokalypse“ absolut nichts am Hut hat.

„There’s a man going around taking names,“

Schon die Auftakt-Szene, in der ein betrunkener Logan (Hugh Jackman) in jener Limousine pennt, die er ansonsten für seinen Lebensunterhalt steuert, macht deutlich, wohin der Hase in „Logan“ läuft. Den hispanischen Gauner, die auf dem entlegenen Parkplatz versuchen, die verchromten Felgen vom Auto zu klauen, ergeht es nicht gut. Mit gesunder, erwachsener Härte torkelt der Adamantium-verstärkte, unkapputtbare Wolverine durch einen dreckigen und blutigen Kampf um seine Existenzgrundlage.

„And he decides who to free and who to blame.“

Und im Stil eines staubigen Neowesterns befindet sich der sichtbar gealterte Antiheld Logan für die kommenden zwei Stunden auf der Flucht und versucht zugleich der Verantwortung, die ihm aufgebürdet wird, zu entfliehen. „Logan“ spielt im Jahr 2029. Die USA sind ein düsterer, abgehalfterter Turf und seit einem Vierteljahrhundert hat man keine neuen Mutanten mehr gesichtet. Auch Logan hat seine Wolverine-Identität längst abgelegt. Stattdessen versteckt er sich zusammen mit einem ziemlich hinfälligen Charles X. Xavier (Patrick Stewart) in einer verlassenen Farm in den Outskirts des mexikanischen Nirgendwo. Mit dabei ist noch der Albino-Mutant Caliban (Steven Merchant), der die Fähigkeit besitzt, andere Mutanten aufzuspüren.

„Voices calling and voices crying, Some are born and some are dying.

Doch die Ruhe der alten Männer wird jäh gestört, als Pierce (Boyd Holbrock) auftaucht. Der Handlanger einer BioTec-Firma ist auf der Suche nach „jemandem, den er verloren hat“. Wie sich herausstellt, handelt es sich um die junge Laura (Daphne Keen), die auf der Flucht ist und bei Wolverine Unterschlupf sucht. Pierce und seine Leute sind dem Mädchen dicht auf den Fersen und die wilde Flucht des Trios Professor X, Laura und Logan hat zunächst kein Ziel.  Die wilde, kindliche Laura ist fest davon überzeugt, dass sie weiß, wo das Elysium ist, eine legendäre letzte Zuflucht für Mutanten. Wohl oder übel machen sich Logan  und Co. auf den Weg nach North Dakota.

„And the whirlwind is in the thorn tree,“


Wenn man den Aussagen von Hauptdarsteller Hugh Jackman und Regisseur James Mangold folgen mag, stellt „Logan“ den ultimativen „Wolverine“-Film dar. Immerhin kann „Wolverine“ als Marvel Comic Figur auf eine bewegte Historie zurückblicken, darunter auch einige Serien, die sich an eine erwachsenere Leserschaft richten. Die Story des alternden Wolverine, dessen Heilkräfte langsam aber stetig weniger werden, basiert auf der Story „Old Man Logan“ die Comic-Autor Mark Millar („The Kingsman“, „Kick-Ass“) einst zusammen mit Zeichner Steve McNiven („Nemesis“-Comic) erdachte.

„‚Til Armageddon, no shalam, no shalom.“

Regisseur James Mangold („Walk the Line“), der zusammen mit Michael Green  und Scott Frank („Minority Report“, „Die Dolmetscherin“) auch das Drehbuch verfasste, bereichert die Wolverine-Geschichte um einen Vater-Tochter-Dynamik, die einfach großartig funktioniert. Im Grunde muss sich Logan also nicht nur um den siechenden Ziehvater kümmern, sondern wird auch mit einer plötzlich auftauchenden renitenten Tochter konfrontiert. Die ist freilich nicht Wolverines leibliche Tochter, sondern verfügt als Laborexperiment jener besagten BioTec-Firma ebenfalls über Wolverines Fähigkeiten. Im Marvel-Comic-Universum (im Unterschied zu den Verfilmungen) ist der Charakter als X-23 bekannt und führt ein lebendiges Eigenleben.

„Listen to the words long written down“

Mangold pickt sich für den Abschluss der „Wolverine“-Trilogie also die Rosinen aus der Wolverines Comic-History und macht daraus einen epischen, düsteren Neowestern. Kameramann John Mathieson („Gladiator“, „X-Men: Erste Entscheidung“) findet dafür gelungene Bilder, die zwar auch etliche Action-Sequenzen enthalten, aber mit vergleichsweise wenig CGI auskommen. Stattdessen dominieren handfeste Keilereien, die auch in Mangolds Remake von „Todeszug nach Yuma“ (2007) Platz gefunden hätten. So verwundert es auch nicht, dass neben Verweisen auf den Marvel-Komos auch andere Einflüsse durchschimmern. Der Western „Mein großer Freund Shane“ (1953) flimmert sogar über den TV-Bildschirm, das Verhältnis des alten Sacks zu der frechen Göre ist hingegen eindeutig von „True Grit“ („der Marshall“) nach Machart der Coen-Brüder beeinflusst. Aber diese Filmebene erkundet am besten jeder Zuschauer für sich.

„When the man comes around.“ (Johnny Cash: The Man Comes Around)

Und wie schon in „Wolverine: Weg des Kriegers“ (2013) findet der Regisseur Möglichkeiten die Figur des Superhelden Wolverine zu dekonstruieren und in eine Art Genrefilm zu überführen, der ebenso stilsicher inszeniert ist wie er inhaltlich überzeugen kann. Dazu gehört ein stimmiger Soundtrack der mit Johnny Cashs „The Man Comes Around“ am Ende sogar so etwas wie eine musikalische Meta-Ebene zustande bekommt. Dazu gehört auch eine gewisse Derbheit, die den bisherigen Wolverine-Verfilmungen aus Gründen der Altersfreigabe abging. Nun hat – wie es scheint – der Box-Office Erfolg von „Deadpool“ dem „Logan“-Team mehr Freiraum verschafft. Und zu der Dekonstruktion des Charakters gehört auch die wichtige Rolle, die ein „X-Men-Comics“ in der Story spielt. Aber das wäre jetzt zuviel verraten. Einfach selbst gucken gehen. Das Warten auf einen Nachklapp im  Abspann kann der Comic-Fan sich dieses Mal allerdings getrost schenken. Die Story ist zu Ende.

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich alle die „Wolverine“-Filme für gelungen halte. Mit „Logan“ findet eine tolle, abwechslungsreiche und vielschichtige Superhelden-Trilogie ihren Abschluss und Höhepunkt. Ganz großes Kino.

Film-Wertung:9 out of 10 stars (9 / 10)

Logan
OT: Logan – The Wolverine
Genre: Action, Sci-Fi,
Länge: 137 Minuten, USA,  2017
Regie: James Mangold
Darsteller:  Hugh Jackman, Patrick Stewart,  Boyd Holbrook,Daphne Keen
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 02.03.2017