The Help: Aus dem Nähkästchen geplaudert

Weil ich während der „Hidden Figures“-Vorstellung auf „The Help“ gekommen bin, und der Film auf diesen Seiten bislang ur ansazweise vorgestellt wurde, hier noch einmal eine ausführliche Besprechung. Mit dem großartigen Drama „The Help“ zeigte Hollywood 2011 mal wieder, wozu die Traumfabrik auch in der Lage sein kann: Die Bestseller-Verfilmung entwirft ein Zeitgemälde der US-amerikanischen Südstaaten zu Beginn der 1960er Jahre, als Rassentrennung noch Gang und Gäbe waren, das zugleich dramatisch tiefgründig und mit leichter Hand erzählt ist. „The Help“ ist großartig.

Nach Beendigung ihres Studiums kommt die junge Eugenia „Skeeter“ Phelan (Emma Stone) wieder zurück in ihre Südstaatenheimat. Jackson, Mississippi, hat sich nicht verändert, aber im Haushalt der Phelans ist die afro-amerikanische Haushaltshilfe verschwunden. Auf Skeeters Nachfrage reagiert ihre Mutter (Allison Janney) ausweichend. Zudem fühlt sich die junge Frau, die unbedingt Autorin werden will, von ihren Freundinnen entfremdet.

Ihre Altersgenossinnen sind voll und ganz damit beschäftigt, sich heiraten zu lassen, eine Familie zu gründen und heile Welt zu spielen. Das Verhältnis der jungen weißen Frauen zu ihren schwarzen Hausangestellten irritiert Skeeter immer mehr. Vor allem Hily Holbrook (Bryce Dallas Howard), die Wortführerin der angehenden Damen, geht in ihrem Verständnis der Rassentrennung recht drastisch vor und behandelt ihre Angestellte Minny (Octavia Spencer) extrem herablassend.

In Skeeter reift die Idee für ein Buch: Man müsste die Alltagserlebnisse der farbigen Hausangestellten einmal zusammentragen. Immerhin sind sie es, die nach Skeeters Meinung den ganzen Haushalt zusammenhalten und so die Gesellschaft eigentlich am Laufen halten.  Von einer New Yorker Verlegerin bekommt sie Zustimmung für ihr Buchprojekt, doch so einfach wie erhofft, wird das nicht. Die Hausangestellten weigern sich über ihre schlecht bezahlte und oft erniedrigende Arbeit zu reden. Sie fürchten nicht nur die wirtschaftlichen Konsequenzen. Nur Aibileen Clark (Viola Davis) entschließt sich überhaupt mit Skeeter zu reden. Und allmählich zieht Skeeters Projekt zieht seine Bahnen und wirbelt die Gesellschaft in Jackson, Missisippi, ganz schön auf.

„The Help“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Kathryn Stockett, der zunächst keinen Verleger fand und dann 2009 monatelang die Bestseller-Listen der New York Times dominierte. Hierzulande erschien das Buch unter dem Titel „Gute Geister“ im Frühjahr 2011 beim btb Verlag. Weil Regisseur Tate Taylor und Kathryn Stockett zusammen aufgewachsen sind, waren die Filmrechte praktisch schon vor Erscheinen des Buches verkauft. Auch die Verfilmung „The Help“ war in den USA ein großer Erfolg, was unter anderem an der großartigen Besetzung und dem sensiblen und vorlagentreuen von Tate Taylor entwickelten Drehbuch liegt.

Es gelingt „The Help“ mit fast spielerischer Leichtigkeit die gesellschaftlichen Spannungen der Zeit zu fassen und in den Charakteren und der Handlung zu spiegeln. Die feine Gesellschaft von Jackson ist noch immer in der Tradition der Rassentrennung stabil und zelebriert den typischen Südstaaten-Lebensstil, der von vergangenem Ruhm zehrt. Andernorts in den USA sind die Verhältnisse längst nicht mehr so starr und stabil, die Bürgerrechtsbewegung kommt auf und liberales Gedankengut verändert die Gesellschaft massiv. Auch die zurückkehrende Skeeter kehrt sich von dem Lebensstil der ihre Kindheit geprägt hat, ab und beginnt die Absurdität der Rassentrennung zu hinterfragen.

Erstaunlicherweise sind es in „The Help“ nicht die Altvorderen, die ihre Lebensart mit allen Mitteln verteidigen, sondern die junge Generation, die derart rigider und traditionsverhaftet ist, dass sogar die Alten das albern finden. Die vermeintlich feine Gesellschaft Jacksons bleibt unter sich und hat nicht einmal Plätz für Neuankömmlinge der eigenen Rasse. Celia Foote (Jessica Chastain), die es gewagt hat, einen vielversprechenden jungen Mann aus Jackson zu heiraten, bekommt das am eigenen Leib zu spüren und wird gesellschaftlich ausgeschlossen. Es ist ihr daher sogar unmöglich farbiges Personal zu finden. Doch die Zeiten ändern sich, auch wenn Jackson, Mississippi, dies nicht wahrhaben will: der Wandel ist nicht aufzuhalten.

In „The Help“ übernehmen die Charaktere selbst einen Großteil der Aufgabe die gesellschaftlichen Konflikte darzustellen. Die Besetzung der einzelnen Rollen passt dabei nahezu perfekt, so dass eine wahre Freude ist, den Damen auf der Leinwand zuzuschauen. Selten hat ein Film so eine derartige Vielzahl großartiger und tiefgründiger Frauenrollen zu bieten und das gesamte Ensemble nutzt die Gelegenheit und spielt mit Bravour auf. Das allein wäre schon den Eintritt wert.

Das Bonus-Material von „The Help“ ist hingegen eher spärlich ausgefallen. Es gibt zwei nicht verwendete Szenen, zu denen Regisseur und Drehbuchautor Tate Taylor einen einleitenden Kommentar abgibt. Das ist zwar durchaus erhellend, aber nicht gerade ein weiterer Kaufanreiz. Auf Interviews wird ebenso verzichtet wie auf ein Making of. Dafür kann der Zuschauer nun das wunderbare Vergnügen in Anspruch nehmen, den Film mit den Originalstimmen zu genießen. Die deutsche Synchro ist zwar durchaus gelungen, aber der  regionale Südstaaten-Touch ist wie üblich entfallen.

Das große Verdienst von „The Help“ ist es, große gesellschaftliche Themen auf eine persönliche Ebene herunterzubrechen und so für alle nachvollziehbar zu machen. Dabei verströmt das Südstaaten-Drama eine betörende Warmherzigkeit, einen zuweilen bissigen Humor und viel Menschlichkeit. Dazu kommt, das großartigste Schauspielerinnen–Ensemble seit langer Zeit.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

The Help
OT: The Help
Genre: Drama, Komödie
Länge: 140 Minuten, USA, 2011
Regie: Tate Taylor
Darsteller: Emma Stone, Viola Davis, Bryce Dallas Howard, Octavia Spencer, Jessica Chastain
FSK: ohne Altersbeschränkung
Studio: Touchstone
Kinostart: 08.12.2011
DVD- & BD-VÖ: 12.04.2012