Doctor Strange: Ein bisschen Magie in einer Welt voll Superhelden

nullDie einen werden abwinken: „Manno, schon wieder eine Marvel Superhelden-Verfilmung!“, die anderen werden sich freuen wie kleine Kinder, dass nun Doctor Strange auch das Marvel Cinematic Universe belebt. Und ich gehöre, frank und frei gesagt, zu den letzteren. Der schnöselige Magier, der in den Comics von Stan Lee und Steve Ditko schon sein 1963 in seiner Villa im New Yorker Stadtteil Greenwich Village haust und die Welt vor schwarzmagischen und kosmischen Bedrohungen beschützt, bringt ebenso wie „Ant-Man“ einen neuen Sound in die Superhelden-Verfilmungen. Großartig besetzt ist Scott Derricksons „Doctor Strange“ sowieso wie man das von Superhelden-Blockbustern inzwischen gewohnt ist: Mads Mikkelsen, Chiwetl Eyjofor und Tilda Swinton geben sich die Ehre, Benedict Cumberbatch bei seinem magischen Ausflug zu begleiten.

Nu je, ich schreib ja nicht nur für Comic-Fans, also hier kurz die Story, die im Wesentlichen die bekannte Herkunftsgeschichte des Magiers ist. Stephen Strange (Benedict Cumberbatch) ist als Chirurg ebenso brillant wie selbstverliebt und arrogant. Zu seiner Kollegin Christine Palmer (Rachel McAdams) pflegt er eher ein neckisches Verhältnis. Doch dann wird Strange mit einem Schicksalsschlag konfrontiert: Bei einem Autounfall werden ihm auch die Nerven in den Händen durchtrennt und er wird nie wieder operieren können.

nullVerzweifelt versucht der Arzt alles Mögliche, um seine Hände zu heilen. Aber es hilft nichts und der ehemalige Chirurg verstößt auch Christine (Rachel McAdams), weil er ihre Zuneigung als Mitleid interpretiert. Erst die wundersame Genesung eines Querschnittgelähmten, bringt Stephen Strange dazu, sich auch auf unwissenschaftliche Heilmethoden einzulassen. Auf der Suche nach einem Weisen namens „der Uralte“ landet Stephen Strange in Nepal in der Tempelanlage Karmar-Taj. Doch hier findet der Mediziner kein fernöstliches Heilungs-Zentrum, sondern einen Ort des Übersinnlichen. Der Uralte (Tilda Swinton) zögert, den arroganten Arzt als Adepten anzunehmen, aber  Meister Mordo (Chiwetl Ejiofor) sieht das Potential, das in Stephen Strange steckt.

nullMagie wird von Uralten erklärt als das Anzapfen von Energie aus anderen Dimensionen. Doch bei Strange, der einzig auf körperliche Genesung aus ist, klappt das absolut überhaupt nicht. Ein offener Geist sieht anders aus. Die Welt wird von bösen Mächten bedroht, denn der ehemalige Karmar-Taj Meister Kaecilius (Mads Mikkelsen) hat sich dem dunklen Herrscher Dormammu verschrieben. Der verspricht zwar ewiges Leben, fordert dafür aber nicht weniger als den Planeten Erde, der in sein dunkles Reich eingehen muss. Kaecilius beschwört Dormammu und bläst zum Angriff auf den Uralten, den Tempel und die Welt. Zeit für Doktor Strange zu zeigen, ob er etwas gelernt hat.

nullMarvel-Fans werden in dieser Filmstory schon genug Anhaltspunkte gefunden haben, um sich auf eine zeitgemäße Variation der Origin-Story von Doctor Strange zu freuen. Die wurde ja vor einigen Jahren in der Marvel Season One Reihe von Autor Greg Pak und Zeichnerin Emma Rios noch einmal erzählt. Außerdem ist eben diese Geschichte auch die Grundlage für den 2007 erschienenen Animationsfilm „Doctor Strange: Sorcerer Supreme“, der ebenfalls absolut empfehlenswert ist, wie übrigens auch die neue Comic-Soloserie „Doctor Strange“ aus der All New, All Different“-Marvel-Ära, die jüngst bei Panini-Comics erscheinen ist.

Aber zurück auf die Leinwand und zum 14. Beitrag des „Marvel Cinematic Universe“, das insofern nicht vollumfänglich gezählt ist, weil sowohl die „Fantastischen Vier“, als auch die „X-Men“ nicht dazugerechnet werden, da die Filmrechte dafür nicht bei den Marvel Studios, respektive dem Disney-Konzern liegen. Dem Zuschauer wird es leidlich egal sein.

nullUm es auf dem Punkt zu bringen: „Doctor Strage“ ist deutlich sehenswerter ausgefallen als erhofft und setzt sich wohltuend von dem inzwischen bekannten Superhelden-Blockbusterschema der Marvel-Schmiede ab. Sicher, das Erzählschema ist ähnlich, die weibliche Nebenfigur (Christine Palmer ist eine der „Night Sisters“) bleibt fast schon chauvinistisch blass und auch der Bösewicht ist nicht sonderlich furchteinflößend. Besetzt sind die Rollen allerdings prominent und Mads Mikkelsen müht sich redlich, hier nicht nur magische sondern auch physische Präsenz als Finsterling aufzubauen.

doctor_strange_09Ein Besetzungscoup ist sicherlich, Tilda Swinton die Rolle des Uralten zu geben, der in den Comics definitiv ein Mann ist. Aber das hat auch schon in der „Constantine“-Verfilmung toll gepasst, als die Schottin den Erzengel Gabriel mit androgyner Ambiguität verkörpert hat. Und Benedict Cumberbatch ist nach seiner eigenwilligen und höchst erfolgreichen modernen „Sherlock“-Interpretation die perfekte Besetzung für den Magier Stephen Strange, mit all seinen Eitelkeiten und Verfehlungen.

doctor_strange_10Aber nicht nur Story und Besetzung haben etwas zu bieten, sondern „Doctor Strange“ besticht auch optisch. Lästerlicher Weise könnte man anmerken Regisseur Scott Derrickson („Sinister“) hatte kaleidoskopartige Farbprismen wiederentdeckt und einfach abfilmen lassen, aber ganz so schlicht ist es dann doch nicht. Gekonnt und überzeugend spielt „Doctor Strange“ mit der visuellen Wahrnehmung und würfelt die Dimensionen durcheinander, wie das auch Christoper Nolan in „Inception“ getan hat. Das ist bei den gut choreografierten Action-Szenen  bisweilen etwas verwirrend, weil man sich nicht entscheiden kann, wohin man nun gucken soll. Auch bei „Matrix“ haben Story und Optik einige gelungen Anleihen genommen,. Etwa die „Bullet Time“–SloMo, mit der beispielsweise Stephen Strange auf seine Astralebene gekickt wird. In 3D wirkt das alles wirklich verblüffend und ganz anders als bei den bisherigen Marvel-Verfilmungen. Wobei das 3D auch Großteil konvertiert ist. Ach, guckt’s euch doch selbst an.

Mit „Doctor Strange“ hält die Magie als Superkraft Einzug in das Marvel-Universum. Scott Derricksons Verfilmung der legendären, aber nie sehr erfolgreichen Comic-Figur weiß sich von den Kollegen Avengers und Co. abzusetzen, bleibt aber auch den inzwischen erwarteten Marvel-Trademarks treu. Ein absolut empfehlenswerter Ausflug in die magischen Dimensionen des Film-Kosmos.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

000324_04_DrStrange_HP_A1_rz.inddDoctor Strange
OT: Doctor Strange
Genre: Superhelden, Action, Fantasy
Länge: 115 Minuten, USA, 2016
Regie: Scott Derrickson
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Chiwetl Ejofor, Mads Mikkelsen, Tilda Swinton,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Marvel Studios, Walt Disney Pictures
Kinostart: 27.10.2016

Offizielle Film-Homepage

Ein Kommentar

Franziska-T 2016/11/11

Ich kann deinen positiven Kommentar nur bestätigen. Nach all dem Superheldenfilm-Mist, den es dieses Jahr schon zu sehen gab (ich sag nur SUICIDE SQUAD), war das echt ein gelungener Jahresausklang. Danke Marvel! ;-)