X-Men 1: Die Zuflucht

XMEN1_vorschauEigentlich ist es ein bisschen verwunderlich, dass Panini-Comics bei Start in das „All New, All Different“-Marvel-Universum nicht auch die Mutantentruppe der X-Men in die Riege der monatlich veröffentlichten Serien aufgenommen hat. Anders als „Spider-Man“ oder „Avengers“ erscheinen die Abenteuer der „X-Men“ als Sonderbände. Mir als Leser ist das eigentlich ganz recht, da man so oftmals einen halbwegs abgeschlossenen Storybogen bekommt. Für die Mutanten in der Marvel-Welt hat sind die Veränderungen am drastischsten  – und eine existentielle Bedrohung.

Die lange und leidvolle Vorgeschichte der „X-Men“ sei an dieser Stelle mal ausgelassen. Im Editorial des ersten bei Panini erscheinenden Bandes fasst Thomas Witzler das knapp und knackig zusammen. Nur so viel zu Ausgangslage: Nicht nur die Umwälzungen der „Secret Wars“ machen den X-Men, die sich um Storm gesammelt haben zu schaffen, sondern viel gravierender die Terrigen-Nebel, die schon vorher auf der Erde freigesetzt wurden und für das massenhafte Auftreten der „Inhumans“, plötzlich mutierter Überwesen, gesorgt haben. Denn inzwischen hat sich herausgestellt, dass das Gas für die Mutanten pures Gift ist und auch ihre Fortpflanzungsfähigkeit ausmerzt.

Eine neue Heimat…

Die X-Men um Storm, die seit dem Verlust von Professor X versuch, die Mutantenschule als sicheren Ort zu bewahren, haben sich mit Hilfe von Magiks Fähigkeiten an einen Ort außerhalb der Welt zurückgezogen. Verzweifelt versuchen Cyclops, der junge Ice-Man und Cyclops Schwester Magik so viele Mutanten wie möglich zu retten. Denn nicht nur der Terrigen-Nebel ist gefährlich auch die Menschheit hat wieder einmal große Angst vor den Mutanten, die geächtet und diskriminiert und ausgestoßen werden.

Parallel versucht Storm weitere Mitstreiter zu finden. Die „X-Men“  treten mit Wolverine in Kontakt, der inzwischen nicht mehr tot ist und als Old Man Logan“ in diesem Universum herumläuft und wie immer absolut keinen Bock auf Gruppendynamik hat. Auch bei Jean Grey, die als junges Mädchen einfach nur versucht, ein normales Studentenleben zu führen, haben Storm und Co kein Glück.

…aber alte Gegenspieler

Doch dann taucht mit Sinister auch ein alter Gegenspieler auf, der nicht ganz so streng wissenschaftlich mit Mutanten-DNA herumspielt. Was er damit bezweckt ist höchst zweifelhaft. Immerhin erkennen die „X-Men“ die Gefahr und setzen sich zur Wehr. Gar nicht so einfach, wenn zeitgleich auch das eigene Heim angegriffen wird.
Zeichner Huberto Ramos, Tuscher Vitor Olazaba und Kolorist Edgar Delgado sorgen dafür, dass bei den neuen, den „extrordinären“ X-Men nicht nur die Action stimmt, sondern auch das grafische Erzählen abwechslungsreich bleibt und die Zeichnungen selbst mit Farbfiltern und schraffierten Details sehr stimmungsvoll und variabel ausgefallen sind.

Daneben ist Jeff Lemire, zugegeben einer meiner Lieblingsautoren („Sweet Tooth“, „The Nobody“) bei dem Neustart der „X-Men“ gut in Form und schafft es sowohl die typischen Motive der Mutantensaga in die neue Ära zu übertragen, als auch etliche neue Elemente zu etablieren, die recht überraschend ausfallen. Der latente und letale Konflikt mit den Inhumans, die ja als Marvels neue Mutanten sehr erfolgreich angetreten sind, gibt der Story eine Dringlichkeit, die man sich auch für einige der anderen neuen Serien gewünscht hätte.

Tödlicher Nebel

Selbstredend ist es einfacher den Serienauftakt zu beurteilen, wenn nicht nur die erste US-Nummer vorliegt, aber der Storybogen „Zuflucht“ ist ziemlich gelungen, spannend zu lesen und mehr als nur viel versprechend. Das war nicht unbedingt zu erwarten, nachdem Jeff Lemires Autoren-Wirken beim Konkurrenten DC Comics mich nicht durchgängig überzeugt hatte. Während „Superagent Frankenstein“ noch als großartiges Pulp-Sammelsurium durchging, war der Reboot von Hellblazer „Constantine“ einfach nicht überzeugend, weil zu harmlos und zu Mainstream-comicmäßig.

Mit dem ersten Sammelband der All New, All Different“ X-Men legt Panini das erste kleine Highlight des neuen Marvel Universums auf Deutsch vor. Tolle Mutanten-Action mit vielschichtiger Story.

Comic-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

XMEN1_Softcover_139OT: Extraordinary X-Men 1-5, Marvel Comics
Genre: Superhelden, Comic
Autor: Jeff Lemire
Zeichner: Humberto Ramos
Übersetzung: Jürgen Petz
Verlag: Panini Comics, Softcover, 124 Seiten
VÖ:  05.07.2016