Kill Your Friends: Gier und Ignoranz im Musikbusiness

KILL_YOUR_FRIENDS__Szenenbild_05-vorschauDer britische Autor John Niven hatte seinen großen Durchbruch mit einer bissigen Satire auf die Mechanismen der Musikindustrie. Jetzt hat der Autor seinen Roman in ein Drehbuch gepackt und „Kill Yours Friends“ erscheint dieser Tage bei uns als DVD-Premiere. Der Ausflug in die Hochphase des Britpop ist wirklich sehenswert besetzt und hat erstaunlich wenig mit Musik zu tun.

Als A&R-Manager einer großen Plattenfirma ist Steven Stelfox (Nicolas Hoult) vor allem damit beschäftigt, Karriere zu machen und möglichst viel Koks durch die Nase zu ziehen. Bands kann er nicht ausstehen und Spaß an Musik hat der Mittzwanziger auch schon lange nicht mehr. Es geht nur um den Erfolg – und Erfolg ist messbar in Form von verkauften Alben und Singles. Immerhin befinden wir uns in den Neunziger Jahren, als die herkömmliche Musikindustrie noch nach bekannten Gesetzen funktionierte und sich noch keiner von Internet und Downloads bedroht fühlte.

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Wie auch immer, zuständig für die Künstler, muss man sich schon mit der Materie abgeben, denn A&R – Artist und Repertoire – bedeutet genau das. Dafür hat Steve seine Leute. Seine Sekretärin und ihre Tipps zu neuen, spannenden Bands mit Verkaufspotential, ignoriert er aber genauso grundsätzlich wie alles, was sein Talentscout Darren (Craig Roberts) so anschleppt. Aber Steven ist beileibe nicht der einzige, der so vorgeht und nur missgünstig auf die Konkurrenz schaut. Auch sein Chef gerät in Bedrängnis, als sein Rapper Rage sich zum Künstler berufen fühlt und unter enormen Studiokosten ein experimentelles Album fabriziert.

Steven wittert einen Karrieresprung, aber dazu muss er noch den Kollegen Waters (James Corden) aus dem Weg schaffen. Das gelingt letztlich nur mit einem Mord. Und schon hat Steve die neue Stelle, allerdings nur unter Erfolgsvorbehalt. Zu allem Überfluss kommt auch noch die Polizei vorbei und stellt Fragen. Aber wie das so ist, auch der Detective Constable Woodham (Edward Hogg) träumt vom Ruhm als Musiker und Songschreiber und lässt ein Demo da.

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„Kill your Friends“ ist in der Filmversion ganz schön bissig und extrem zynisch. Da richtet sich Steve Stelfox immer wieder direkt an den Zuschauer und erklärt diesem was der Protagonist wirklich denkt und was ihn umtreibt. Der Mann hat kein Gewissen und auch keine Skrupel, ein wahrer Film-Antiheld. Ein Piranha unter seinesgleichen und wer sich noch immer irgendwelche idealistischen Vorstellungen von künstlerischer Wirkung und kreativer Freiheit in der Musikwelt macht, wird schnell auf den Teppich geholt.

John Niven muss wissen, wovon er berichtet, schließlich war er kurzzeitig auch als A&R-Manager für diverse Plattenfirmen tätig und man sagt ihm nach, er habe es vergeigt, Coldplay und Muse, heut immerhin zwei Mega-Acts, für seinen Arbeitgeber unter Vertrag zu nehmen. Aber obwohl die ganze Meute Plattenfirmenfuzzis (inklusive Steven Stelfox) um den ganzen Globus jettet, immer auf der Suche nach der neuesten musikalischen Attraktion, scheint es nie um die Musik als solche zu gehen. Ihr potentieller kapitalistischer Gegenwert ist das, was alle interessiert. Und so ist „Kill Your Friends“ auch eine schwarzhumorige Satire, die nicht auf die Musikbrache beschränkt bleibt, sondern im Turbokapitalismus frei auf viele Branchen übertragbar ist.

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Man hat dem Film von Owen Harris Ähnlichkeiten zu „American Psycho“ attestiert und ganz offensichtlich kann auch die Irvine Welsh-Verfilmung „Drecksau“ hier thematisch mitmischen. Allerdings kann „Kill Your Friends“ trotz guter Besetzung und flotten Beginns das Tempo und die Spannung nicht über Spielfilmlänge aufrechthalten. Das Prinzip Gier, Koks und Eitelkeit nutzt sich ab und die Handlung nimmt einen nicht gerade überraschenden, zynischen Verlauf. Und weil die Dynamik des Thrillers etwas flöten geht, fragt man sich schon, wie die Musikindustrie heute funktioniert und welche Relevanz diese auch irgendwie bizarr nostalgische Zeitreise so hat.

Die bitterböse Thriller-Satire „Kill Your Friends“ trägt die zynische Gier der Musikindustrie der Neunziger zu Grabe. Mit der Art und Weise der bissigen Abrechnung ist die britische Produktion weder innovativ noch ganz weit vorne, aber für ein bisschen böse Unterhaltung mit lässigen Sondtrack langt es allemal.

Film-Wertung:6 out of 10 stars (6 / 10)

KILL_YOUR_FRIENDS__BD_CoverKill Your Friends
OT: Kill Your Friends
Genre: Satire, Komödie, Musikfilm, Thriller
Länge: 99 Minuten, UK, 2015
Regie: Owen Harris
Drehbuch: John Niven, nach seinem gleichnamigen Roman
Darsteller: Nicholas Hoult, Ed Skrein, James Corden, Rosanna Arquette, Moritz Bleibtreu,  Tom Riley,
FSK: ab 16 Jahren
Verleih: Ascot Elite Home Entertainment
DVD- & BD-VÖ: 18.03.2016