Kill The Messenger: Risse im Staat

KILL THE MESSENGER_vorschauDie „Iran-Contra-Affäre“ gehört zu den größten politischen Skandalen der USA und der internationale Gerichtshof in Den Haag verurteilte den Staat später aufgrund seiner illegalen Waffengeschäfte und paramilitärischen Aktivitäten in Nicaragua Mitte der 1980er Jahre. Doch in Amerika selbst blieb der Skandal von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Der Politthriller „Kill The Messenger“ zeigt auf ebenso spannende wie irritierende Weise die Verwicklung der CIA in den Drogenschmuggel und die mediale Vertuschung seitens der US-Regierung.

Mitte der Neunziger Jahre arbeitet der investigative Journalist Gary Webb (Jeremy Renner) für eine kleine eher unbedeutende Lokalzeitung  im kalifornischen  San Jose. Aufgrund privater Probleme war die Familie Webb aus Cleveland an die Westküste gezogen. Webb selbst war zu der Zeit schon ein renommierter Journalist. Die Crack-Epidemie hält die USA und gerade die afro-amerikanischen Communities in Unruhe und trotz großspuriger politischer Versprechen, scheint niemand der Lage Herr zu werden.

Bei Recherchen über die Drogenproblematik werden Gerry Webb brisante Informationen zugespielt und er beginnt nachzuforschen. Während eines Prozesses gegen einen Drogendealer deutet sich eine Verbindung zu Regierungsbehörden an und der Journalist stößt auf eine unglaubliche Story: Die CIA hat in den Achtzigern illegal die Contra-Rebellen in Nicaragua unterstützt. Die wiederum finanzierten ihre Waffenkäufe über massiven Drogenhandel in die USA, der von der CIA geduldet wurde.

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Trotz offener und versteckter Warnungen beginnt der Reporter intensiv zu recherchieren und findet Beteiligte, Zeugen und Bestätigung. Der Artikel findet landesweite Beachtung und Gary Webb wird zu Talkshows eingeladen und für Journalistenpreise nominiert. Doch die Story sorgt auch für negativen Wirbel und bringt den Reporter in Bedrängnis. In einflussreichen Medien werden seine Quellen angezweifelt und der Reporter wird selbst zur Story.

Das mitreißende Thriller-Drama von Michael Cuesta basiert auf wahren Begebenheiten.  Das intelligente Drehbuch von Peter Landesman („Erschütternde Wahrheit“), stützt sich auf Webbs Arbeit (Sachbuch „Dark Alliance“) und seine Biographie „Kill The Messenger“ von Nick Schuh. So entsteht ein durchaus kritischer Blick auf die politischen Machenschaften der USA und der Geheimdienste. Die Umstände von Gary Webbs Tod, einige Jahre nach seiner Recherche und den daraus resultierenden beruflichen Schwierigkeiten, sind nach wie vor dubios. Webb wurde mit zwei Kugeln im Kopf in seiner Wohnung aufgefunden, offiziell wurde der Todesfall als Selbstmord eingestuft. Aber eine gewisse Paranoia, die sich aus dem Misstrauen gegenüber den Mächtigen speist, treibt eigentlich jeden gelungenen Politthriller an.

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Die CIA-Verstrickungen in Nicaragua waren im grunde schon seit der Iran-Contra-Affäre bekannt, die bereits in Reagans Amtszeit publik wurde. Nur ignorierten die amerikanischen Medien das Thema weitgehend und erst Webbs Artikel führten zu einer breiteren öffentlichen Wahrnehmung. Vor allem die afroamerikanische Bevölkerung, die Hauptleidtragenden der Crack-Epidemie, protestierten lautstark. Mit Webbs Erkenntnissen passierte später ähnliches: Seine Recherchen wurden durch eine politische Untersuchungskommission bestätigt, aber in den Medien kaum wahrgenommen, weil zeitgleich die Monika Lewinsky-Affäre von Präsident Clinton lanciert wurde.

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Regisseur Michael Cuesta (TV-Serie „Homeland“) und Kameramann Sean Bobbitt („12 Years A Slave“) nutzen die üblichen Thriller-Stilmittel geschickt und erwecken eine spannungsreiche Atmosphäre. Dabei steht weniger die Action als die gefühlte Bedrohung im Vordergrund. Vor allem in der ersten Filmhälfte erinnert „Kill The Messenger“ an investigative Politfilm-Klassiker wie „Die Unbestechlichen“ und „Die drei Tage des Condor“, später, als Webb selbst ins Fadenkreuz rückt, entwickelt sich der Film zum intensiven Psychogramm eines leidenschaftlichen Reporters,  der um Familie und Existenz fürchten muss. Jeremy Renner („The Hurt Locker“, „The Avengers“) füllt die Hauptrolle dabei extrem charismatisch aus und wird von einem tollen Ensemble getragen. Bis in die Nebenrollen hinein ist „Kill the Messenger“ klasse besetzt und mit namhaften Charakterdarstellern wie Ray Liotta, Oliver Platt oder Andy Garcia namhaft und sehenswert umgesetzt.

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Die Extras der Blu-ray lassen allerdings etwas zu wünschen übrig. Neben den üblichen nicht veröffentlichten Szenen, die allesamt aus dem Film gestrichen wurden, weil sie die Spannung unterminiert hätten, sind drei kurze Featurettes enthalten, die mit ihren zwei bis drei Minuten eher den Charakter von Trailern oder Teasern haben. Etwas mehr Hintergrund-Infos wären eigentlich ganz nett gewesen. So muss der politisch interessierte Zuschauer wieder selbst recherchieren;Anregung dazu finden sich unteren.

Kill the Messenger“ ist ein intelligenter und in Zeiten des NSA-Skandals auch sehr aktueller Film über Geheimdienste, Macht und Medien. Dazu ist der Politthriller exzellent besetzt und punktet mit Spannung und gut ausformulierten Charakteren.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

kill-the-messenger-cover-bdKill The Messenger
OT: Kill the Messenger
Genre; Drama, Polit-Thriller
Länge: 122 Minuten, USA, 2014
Regie: Michael Cuesta
Darsteller: Jeremy Renner, Rosemary DeWitt, Barry Pepper, Oliver Platt
Bonus-Material: Unveröffentlichte Szenen, 3 Featurettes
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Universal
Kinostart: 10.09.2015
DVD-& BD-VÖ: 21.01.2016

Zum Weiterlesen:
englischer Wikipediaeintrag Gary Webb
englischer Wikipediaeintrag Iran-Contra-Affäre