The Drop – Bargeld: Streunende Hunde und verschwundenes Geld

„Rundskop“ war für mich in vielerlei Hinsicht eine filmische Offenbarung. Vor allem Matthias Schoenaerts war unglaublich wuchtig in der Hauptrolle. Kein Wunder, dass die Karriere des Belgiers danach abging. Gespannt durfte man aber auch sein, was „Bullhead“-Regisseur Michael R. Roskam in den USA zustande bringt. Nun ist „The Drop – Bargeld“ auch für das Heimkino erschienen und zeigt ein grandioses New Yorker Kleingaunermilieu. „The Drop“ ist einer meiner Lieblingsfilme des vergangenen Kinojahres und sei allen wärmstens empfohlen – nicht nur wegen des wie immer souveränen Tom Hardy und James Gandolfini in einer seiner letzten Rollen.

Er sei ja nur der Barman behauptet Bob Sanginowski (Tom Hardy) anfangs, während er dem Zuschauer aus dem Off erklärt, was denn ein Drop ist: Eine Kneipe, in der die Mafia ihr Wettgeld verschiebt. Nicht immer dieselbe, sondern rundum wechselnd, immer kurzfristig festgelegt. Bob arbeitet in „Cousin Marv’s Bar“ und Marvin (James Gandolfini) ist tatsächlich sein Cousin. Und weil der Laden neulich überfallen wurde hat Marvin sowieso schon ein Problem mit Tschetschenen-Boss Chovka (Michael Aronov), der die Kohle gerne erstattet hätte. Zu allem Überfluss wird ausgerechnet zum Superbowl auch noch das „Cousin Marv’s“ als Drop-Bar ausgesucht.

Eines Nachts findet Bob einen jungen Hund in einer Mülltonne und lernt so Nadia (Noomi Rapace) kennen, die ihm hilft, den kleinen Pitbull vor dem Tierheim zu bewahren. Marv plant derweil, sich an der Tschetschenen-Mafia zu rächen, auch weil die ihm vor etlichen Jahren inoffiziell die Bar abgenommen hat. Und dann wäre da noch Nadias Ex: Eric Deeds (Matthias Schoenaerts) ist ein durchgeknallter Zeitgenosse, der sich brüstet, einen Typen namens „Glory Days“ weggepustet zu haben und der jetzt behauptet, der Hund würde ihm gehören. Nun will Deeds Geld von Bob, damit der den Hund behalten darf – und damit Nadia nichts passiert.

Der Preis  für den Hund

Der belgische Regisseur Michael R. Roskam legt sein Hollywood-Debut mit überraschender Schnörkellosigkeit und präziser Beobachtung an. Wie schon in seinem für den Auslands-Oscar nominierten „Bullhead“ aka „Rundskopp“ baut Roskam voll auf jene verstörende Spannung, die sich aus dem Konflikt der Figuren ergibt. Die großartig aufgelegten Darsteller danken es ihrem Regisseur mit intensiven Leistungen. Das hat durchaus Züge einer Milieustudie, angesiedelt am unteren sozialen Rand des sowieso schon verruchten Brooklyns. Hier tummeln sich Außenseiter und Menschen mit unamerikanische Namen. Die Bullen, personifiziert durch Detective Torres (John Ortiz) sind hier eher so lästig wie Fliegen in der Suppe. In diesem Milieu ist man sich selbst genug und regelt seinen Kram auch selbst. Der traditionelle Gaunerkodex gilt aber schon lange nicht mehr, was das empfindliche Gleichgewicht gefährlich ins Wanken bringt.

Die Geschichte und auch das Drehbuch stammen von Thrillerautor Denis Lehane, der schon bei „Gone Baby Gone“, „Mystic River“ und „Shutter Island“ für Hochspannung sorgte. Seine grundlegende Short Story „Animal Rescue“ hat er kurzerhand auch nochmal als Roman zum Film ausgebaut. Die Bar als kriminelles Bargelddepot hat Lehane sich zwar ausgedacht, aber realistisch wirkt das Szenario im der sich verändernden Welt des organisierten Verbrechens auf alle Fälle.

Der Preis für die Frau

Und auf dieser filmischen und storytechnischen Basis kann sich das Drama nun ganz im Sinne der Schauspieler entfalten. Tom Hardy ist als hilfsbereiter, friedliebender aber bulliger Barkeeeper eine Bank. Und als dann Matthias Schoenaerts („Der Geschmack von Rost und Knochen“) Figur auftaucht ist das nicht nur in physischer Hinsicht ein Gipfeltreffen der besonderen Art. Dabei steht dieses Leinwandduell noch nicht einmal im Mittelpunkt des Films und eben das macht die Stärke der Inszenierung aus. James Gandolfini (in seiner letzten Rolle), Michael Aronov und Noomi Rapace spielen ihre Parts, für die sie trefflich besetzt sind, ebenfalls mit großer Hingabe und machen „The Drop“ zu einem Ausahmefilm, der im besten Sinne altmodisch ist.

Michael R. Roskams zweiter Spielfilm besticht durch ein  großartige Ensemble, eine schillernde Milieustudie und eine extrem packende Spannungssteigerung. Das ist ganz große Klasse!

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

The Drop – Bargeld
OT: The Drop
Genre: Thriller, Melodram
Länge: 104 Minuten, USA, 2014
Regisseur(e): Michael R. Roskam
Drehbuch: Denis Lehane nach seiner Kurzgeschichte „Animal Rescue“
Darsteller: Tom Hardy, Noomi Rapace, James Gandolfini, Matthias Schoenaerts, John Ortiz
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Twentieth Century Fox
Kinostart: 04.12.2014
DVD-& BD-VÖ: 16. April 2015