Lou Reed auf Blu-ray

lou-reed-transformer-montreaux-vorLou Reed, der im vergangenen Jahr verstorben ist, gehört zweifellos zu den einflussreichen Gestalten der Popgeschichte. Das letzte Album, an dem er mitgewirkt hat, war die Kooperation mit Metallica, „Lulu“. Bereits 2010 hatte Eagle Rock Entertainment auf DVD ein nettes Filmpakte für Lou Reed Fans geschnürt: Eine Hintergrund-Doku zu „Transformer“, Reeds zweitem Soloalbum, und einen Live-Auftritt bei Jazzfestival in Montreux. Jetzt ist das Teil auch als Blu-ray erschienen und macht einem noch einmal bewusst, was für ein begnadeter Pop-Künstler von uns gegangen ist.

„Transformer“ erschien 1972 und die elf Songs, die das Album ausmachen, sind heute zum großen Teil Meilensteine, darunter „Walk On The Wild Side“ und „Perfect Day“, das als Allstar-Neuauflage 1997 zu Reeds größtem kommerziellen Erfolg wurde; zu Charity-Zwecken versteht sich. Ein Scheibe also, mit der man sich auch im TV-auseinandersetzen kann. In der Doku-Serie „Classic Albums“ werden eben solche von den Künstlern und den Musikern, von den bei der Produktion Beteiligten Song für Song aufgedröselt. Das ist an sich schon ein absolutes Fan-Thema, ist aber durchaus informativ – und man lernt auf diesem Wege auch Musik kennen, die man bislang vielleicht nicht zu würdigen wusste.

Das TV-Doku-Format wird seit 1988 von Isis Productions produziert, von Eagle Rock Entertainment vertrieben und auf diversen TV-Sendern weltweit ausgestrahlt. 2001 war dann also „Transformer“ fällig. Lou Reed selbst gibt willig Auskunft über die Umstände, die zu dem Album führten, Produzent Mick Ronson war zu dem Zeitpunkt 2001 schon verstorben und David Bowie, der ebenfalls als Produzent beteiligt war, ist nur in Archivaufnahmen zu sehen. Doch der Sound-Engineer und die Studiomusiker sind dabei und rufen sich (und den Zuschauern) die vergangenen Sessions in London wieder ins Gedächtnis.

Für Reeds Solokarriere, die mit einem Debutalbum startete, das komplett floppte („Lou Reed“, 1972), war es ein Glücksfall, dass er mit Bowie zusammenkam: Abgesehen davon, dass sich beide künstlerisch sehr schätzten, war Bowies Beteiligung genau der Input, den Reed brauchte, um sich von Velvet Underground zu emanzipieren – und das Konzept ging auf. Lustige Anekdoten gibt es in der rund 50minütigen Doku auch, wie etwa die spontane Entwicklung des legendären Basslaufs von „Walk on The Wild Side“ im Studio. Studiomusiker Herbie Flowers sei Dank. Abgerundet wird „Classic Albums: Lou Reed – Transformer“ dann durch etwa eine halbe Stunde zusätzliche Interviewsequenzen derer, die auch schon in der Doku zu sehen waren. Wie anfangs erwähnt, eine reine Fangeschichte – viele Talking Heads – aber informativ und wie immer macht so etwas (zumindest bei mir) dann immer Lust, die Musik mal wieder aus dem Plattenregal zu ziehen.

Lou_Reed-EcstasyRichtig klasse allerdings ist der zweite Titel auf dieser Blu-ray. Lou Reed – Live in Montreux 2000 ist eine großartige Performance. Reed hatte im April  gerade sein hochgelobtes Album „Ecstasy“ auf den Markt geschmissen und seine Langzeit-Band ist einfach großartig eingespielt. Mark Rathke an der Gitarre, Fernando Saunders am Bass und Tony „Thunder“ Smith legen in bester Rockband-Manier los und lassen keine Zweifel aufkommen, dass sie ein tolles Konzert hinlegen werden. Reed selbst überrascht das Festivalpublikum, indem er nicht nur begleitende Gitarrenparts übernimmt, sondern zeigt, dass er seiner Klampfe auch kunstfertigere Töne entlocken kann. Das Repertoire umfasst an diesem Abend 16 Titel, davon die Hälfte vom Aktuellen Album „Ecstasy“, garniert mit Highlights von früheren Solo-Alben (Songs unter anderem von „Set The Twilight Reeling“, „New York“ und „Songs for  Drella“). Auch das „Transformer“-Album kommt mit „Perfect Day“ als letzter Zugabe zum Zug. Sound und Stimmung dieses Gigs aus dem Jahr 2000 wissen zu überzeugen und Lou Reed präsentiert sich geradlinig und aufgeräumt wie lange nicht mehr.

Fazit: Wer bislang keinen Zugang oder keine Berührung mit Lou Reeds musikalischem Schaffen hatte, sollte wohl eher auf seine Ohren vertrauen und sich erstmal eine Grundlage schaffen. „Transformer“ böte sich da zum Einstieg durchaus an. Fans werden an dieser Blu-ray ihre Freunde haben und wissen, warum sie Lou Reed, den Rockpoeten, verehren. In der Kombination liegt die Würze dieses Silberlings: Frühwerk und jüngerem Meisterstreich, Retrospektive und Live-Impression, junger Boheme und gereifter Künstler.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

lou-reed-transformer-montreauxLou Reed: Transformer (Classic Album) + Live at Montreux 2000
Genre: Dokumentarfilm + KonzertmitschnittLänge: Transformer 50 Min. (+ 30 Min. Bonus), Live (120 Min.)
Vertrieb: Eagle Rock / Edel
DVD-VÖ: 08.10.2010
BD-VÖ: 21.03.2014
Zusatzinfos:
Transformer: Regie Bob Smeiton, Mitwirkende: Lou Reed, Herbie Flowers, David Bowie, Erstausstrahlung USA: 4,.12.2001
Montreaux 2001: Setlist: 01 Paranoia Key Of E, 02 Turn To Me, 03 Modern Dance, 04 Ecstasy, 05 Small Town, 06 Future Farmers Of America, 07 Turning Time Around, 08 Romeo Had Juliette, 09 Riptide, 10 Rock Minuet, 11 Mystic Child, 12 Tatters, 13 Twilight, 14 Dirty Blvd., 15 Dime Story Mystery, 16 Perfect Day. Liner Notes von Michael Heatley.

Zum Weiterlesen:
Lou Reed Homepage
Lou Reed bei Wikipedia