The East: Protest und Selbstfindung

East-sc-1-a„Beobachtet ihr uns, beobachten wir euch!“ hat sich die clandestine Gruppe von Ökoaktivisten namens „The East“ in dem gleichnamigen Film unter anderem auf die Fahne geschrieben. Angesichts des immer weitere Kreise ziehenden NSA-Abhörskandals ein scheinbar hoffnungsloses Unterfangen. Doch „The East“ geht es darum, Exempel zu statuieren und den Umweltverschmutzern, Giftherstellern und anderen ausbeuterischen Großkonzernen, ihre Taten direkt unter die Nase zu reiben. Der Thriller „The East“ ist nicht nur ausgesprochen aktuell sondern intelligent und hochspannend.

Dass Ökoaktivisten globale Konzerne bloßstellen, die sich an der Umwelt und der Gesellschaft bereichert  haben, gehört mittlerweile zum erweiterten Repertoire ambitionierter Gruppen. Greenpeace-Aktivisten sitzen wegen der Arktis-Aktion noch immer in russischen Gefängnissen.  Die internationalen Anti-Globalisierungsproteste sind als Unmutsäußerung von Bürgern zu verstehen, auch wenn sie nur einen kleinen, scheinbar radikalen Teil des Protestes abbilden. Die Qualität anarchischer direkter Aktionen allerdings hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Daraus nun einen verdammt spannenden Thriller zu stricken, ist „The East“ ziemlich gut gelungen.

0S_051_TE_04216-2_1400Die ehemalige FBI-Agentin Sarah (Brit Marlin) arbeitet jetzt für eine private Investigationsfirma, die sich darauf spezialisiert hat, von ihren Wirtschaftskunden Imageschäden abzuwenden, dazu gehört auch das Gefahrenpotential zu analysieren, dass von Aktivisten und deren Aktionen ausgeht.  Sarahs erster Auftrag ist es, eine ominöse Anarchistengruppe aufzuspüren, die sich „The East“ nennt. Die haben in einer spektakulären und auf Youtube veröffentlichten Aktion angekündigt, exemplarisch die vier schlimmsten amerikanischen Konzerne anzuprangern und bloßzustellen, dass sie auf ethisch unverantwortliche Weise nur am Profit interessiert sind.

the-east-movie-5Sarah mischt sich nachdem ihre Coveridentität konstruiert ist unter die jungen rebellischen Aussteiger der Gesellschaft und findet schließlich zufällig einen Kontakt zu The East. Die Aktivisten haben eine verfallene Villa im Wald besetzt. Außer dem charismatischen Benji (Alexander Skarsgard), der irgendwie als Anführer erscheint, obwohl die Gruppe alle Entscheidungen basisdemokratisch trifft, sind noch der flippige Luca (Shilo Fernandez), die zornige Izzy (Ellen Page) und der geniale Doc (Toby Kebbell) Kernmitglieder der Aktivistengruppe. Die Gruppe plant ihre Schachzüge akribisch und ernährt sich derweil, indem sie „containert“, also weggeworfene Lebensmittel verbraucht. Als das nächste Ziel von „The East“ bekannt wird, stellt Sarah fest, dass auch ihre Chefin (Patricia Clarkson) nur profitorientiert handelt. Sarahs Weltbild gerät ins Schwanken.

0T_175_TE_07269-2_1400Als politischer Thriller sucht „The East“ seinesgleichen, das Thema ist hochaktuell und spiegelt eine gesellschaftliche Debatte wider, die nicht nur Kapitalismuskritik ist, sondern auch das Bedürfnis vieler gerade jüngerer Menschen nach einem alternativen Lebensstil aufgreift. Regisseur Zal Batmanglij und Hauptdarstellerin Brit Marlin sind ein Paar und haben das Script gemeinsam geschrieben. Dabei können beide auf eigene Erfahrungen zurückgreifen, denn sie selbst haben sich eine Zeitlang durchgeschlagen, ohne Geld auszugeben und eben jenen alternativen Lebensstil kennengelernt, den die Anarchos in „The East“ praktizieren. Diese Erfahrungen geben dem „Thriller“ viel von seiner Glaubhaftigkeit.

Zieht man David Graebers ausführliche Abhandlung über „Direkte Aktion“ als Referenz heran, dann ist „The East“ ziemlich authentisch geraten. Und diese Art von Protest verbindet sich in den letzten Jahren häufig mit lokalen Bürgerbewegungen, so dass der Thriller „The East“ hier nicht nur eine Ökoproblematik aufgreift, die seit Jahrzehnten vorhanden ist, sondern auch gesellschaftliche Fragestellungen aufzeigt. Wo verlaufen die Grenzlinien des Protestes? Wieviel Macht- und Reichtumsgefälle verkraftet die Gesellschaft (hier exemplarisch die der USA) noch? Und welche Möglichkeiten des Widerstandes gibt es?

the-east-movie-photo-7„The East“ setzt diese Thematik in einer Thriller-Story mit einer Undercover-Agentin um und das dramaturgische Konstrukt geht auf, auch wenn dadurch einige Abstriche an Hintergründe in Kauf genommen werden. Mit einer großartigen und zum Teil prominenten Besetzung wird die Geschichte dennoch nie plakativ.  Die Beweggründe der Aktivisten kommen allerdings recht vereinfacht rüber, entweder sind sie selbst von Konzernen geschädigte, oder Kinder reicher Wirtschaftsbosse, die gegen die Profitgeilheit ihrer Eltern aufbegehren. Unterm Strich ist „The East“ ein hochpolitischer Thriller, der es wagt, eigene Wege zu gehen und mit einigen erstaunlichen Szenen lange nachhallt.

The East erscheint ausschließlich als DVD und enthält an  Bonusmaterial kaum etwas Nennenswertes: Zwei kurze Featurettes und ein Interview mit Brit Marling und Zal  Batmanglij vom Tribeca Filmfestival. Außerdem steht keine deutsche Untertitelung zur Verfügung, sondern nur in den Sprachen aus den Ländern, wo „The East“ auch im Kino mit Untertiteln gelaufen ist. Die Aufbereitung dieses höchst empfehlenswerten Thrillers ist also nicht ganz optimal ausgefallen.

Fazit: Mit seiner Thematik und Aktualität trifft der politische Öko-Thriller „The East“ einen Nerv und besticht mit einer intelligenten und hoch spannenden Geschichte vom alternativen Widerstand gegen Großkonzerne und eine Wegwerfgesellschaft.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

TheEast_Poster_1400The East
OT: The East
Genre: Drama, Thriller
Länge: 116 Minuten, USA 2013
Regie: Zal  Batmanglij
Darsteller: Brit Marling, Ellen Page, Alexander Skarsgard
FSK: ab 12 Jahre
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 18.07.2013
DVD-VÖ: 15.11.2013