Sound of Heimat – Deutschland singt!

SoH_SingenderHolunder_5,93x3,95cm_300dpiDass die Deutschen ein sehr gespaltenes Verhältnis zu ihrem volkstümlichen Liedgut haben, ist ja nichts Neues. Aber es sieht aus, als würde sich das nun langsam ändern. Zumindest macht sich die Doku „Sound of Heimat“ auf, um im deutschen Liederwald die Fährte aufzunehmen. Man stellt sich die berechtigte Frage, wie es denn um die Sangestradition in diesem unserem Lande bestellt ist? Der Film zeigt in einer Art Road Movie, dass es auch anders geht und man sich auf unterschiedlichste Arten dem deutschen Volkslied nähern kann.

Standfotos Sound of HeimatDer neuseeländische Musiker Hayden Chrisholm lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Er war weltweit unterwegs, um diverse Musiktraditionen zu erforschen. Das Regieduo Arne Birkenstock und Jan Tengeler schickt den versierten Musiker auf eine Erkundungstour in Sachen deutsches Volkslied. Diese führt quer durch die Republik und spürt einem kleinen Revival des deutschen Volksliedes nach. Egal, ob in einer Kölner Kneipe, wo jeden Sonntag ungezwungen und in loser Runde gemeinsam gesungen wird, oder im Erzgebirge, wo die Bandoneon-Manufaktur auch zu DDR-Zeiten ein großer Wirtschaftsfaktor war. Rudi Vodel erzählt dort von seinem Leben als Volksmusiker, der unter dem sozialistischen Regime schon mal die Liedauswahl vorgeschrieben bekam. Hayden Chrisholm besucht auch einen Jodel-Wanderkurs und ist zu Gast im Bamberger Antistadel, einer alternativen Volxmusikveranstaltung, die mit mitreißenden Rhythmen und altem, traditionellen  Liedgut den Geist der Jugend trifft. Oder aber er trifft die Sängerin Bobo, die sich mit ihrem Interpretationsansatz für das romantische Lieder keineswegs hinter Tom Waits Bluesinterpretationen verstecken muss. Und der neuseeländische Musiker ist nicht nur als Beobachter und Fragensteller dabei, sondern macht immer auch aktiv mit, holt das Saxofon raus und spielt mit den Musikern, die er trifft.

SoH_GewandhausChor_5,93x3,95cm_300dpiDie deutschen Regisseure, die beide auch selbst Musik machen, nutzen den kulturfremden Beobachter dabei als filmisches und erzählerisches Stilmittel. So entsteht der zum Teil auch richtige Eindruck, jemand Außenstehendes würde die eigene Kultur untersuchen. Das klappt gut, auch weil Hayden Chrisholm ist ein kundiger Begleiter und Beobachter ist. Außerdem ist sich der Musiker nie zu schade, mit seinem Saxofon miteinzustimmen. Filmisch ist „Sound of Heimat“ eine typische Dokumentation und folgt den Etappen eines Road-Movie, ohne dabei viel auch ablenkende technische Mätzchen zu setzen, im Vordergrund steht immer das Thema, das für sich selbst spricht. So entsteht ein lebendiges Bild aus lauter kleinen Perlen volkstümlicher Musik.

SoH_BamBamBabylonBajasch_5,93x3,95cm_300dpiWährend Worldmusic jeder Couleur nach wie vor einen anhaltenden Hype erfährt, scheint das Liedgut unserer eigenen volkstümlichen Kultur in der Versenkung zu verschwinden. Der Hauptgrund für das zwiespältige Verhältnis der Deutschen zum Volkslied ist nicht überraschend und schnell ausgemacht: Der Nationalsozialismus hat wie so vieles Traditionen auch Volkslieder zweckentfremdet. Das hat lange nachgewirkt und mindestens eine gesamte Generation zu Nichtsängern gemacht. Doch so langsam und in einer Art Subkultur, die durchaus das Zeug hat, ein großes Publikum anzusprechen, macht sich die deutsche Volksmusik auch hierzulande wieder breit. Ein Trend, der grundsätzlich zu begrüßen ist.

Fazit: Der musikalische Roadtrip „Sound of Heimat – Deutschland singt“ rockt erstaunlicher Weise über weite Strecken. Wer sich mit dem traditionellen Liedgut unserer Lande beschäftigt, findet in der Doku hochinteressante Ansätze. Vielleicht sollte man doch mal wieder singen…

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

sound-of-heimat_plakat_pressSound of Heimat – Deutschland singt!
Genre: Musikfilm, Dokumentation
Länge: 93 Min., D, 2013
Regie: Arne Birkenstock, Jan Tengler
Mitwirkende: Hayden Chrisholm, Antistadl, Rudi Vobel, Bobo,
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: RealFiction / Good Movies
Kinostart: 27.09.2012
DVD-VÖ: 28.6.2013

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