The First Rasta: Filmische Spurensuche nach Leonard Percival Howell

THE FIRST RASTA_08In den Straßen von Kingston, Jamaika, können die Wenigsten mit dem Namen Leonard Percival Howell etwas anfangen. Das werden sie mit dem Zuschauer gemeinsam haben, wenn sich die Dokumentation „The First Rasta“ auf Spurensuche nach dem legendären und heute fast vergessenen Mitbegründer der Rastafari-Religion macht. Die französische Autorin und Filmerin Hélène Lee begibt sich auf Spurensuche nach einem Mann, dessen einzige Filmaufnahme heimlich auf seiner Beerdigung gemacht wurde. Doch bei aller Mühe bleibt das Bild diffus, die Glaubensgrundsätze der Rastafari bleiben undurchsichtig und wer sich ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen will, sollte lieber zu Hélene Lees gleichnamigem Buch greifen.

THE FIRST RASTA_02Zusammen mit Marcus Garvey gilt der 1998 geborene Leonard Percival Howell als Begründer der Rastafri-Religion, deren weltweite Verbreitung eigentlich erst mit der Reggae-Ikone Bob Marley stattgefunden hat. Howell selbst führte ein unstetes Leben, das ihn als Seemann nach Panama, in die neugegründete UdSSR und später auch in die USA verschlägt. In Harlem, New York trifft er auch Marcus Garvey. Anfang der 1930er wird Howell als verurteilter Straftäter zurück nach Jamaika deportiert. Dort kämpft er nicht nur gegen die Regierung des britischen Königs George, sondern auch um eine Religion, die die schwarze Bevölkerung der Welt repräsentiert. In dem Schmelztiegel Jamaika kommen unterschiedlichste spirituelle Einflüsse schließlich zu dem zusammen, was als Rastafari bekannt wird. Der äthiopische Kaiser Hailee Selasse wird von den Rastas als die leibliche Wiederauferstehung Jesus anerkannt und Babylon wird zum Symbol für die degenerierte westliche Weltordnung. Es geht vor allem um das Leben universeller Liebe.

THE FIRST RASTA_07Zusammen mit einigen Anhängern gründet Howell die Kommune Pinnacle, in der die Rastafaris ihren Traum vom Zusammenleben zu verwirklichen suchen, doch die Repressalien sind enorm und Pinnacle wird schließlich von Alexander Bustamente, Jamaikas erstem Premierminister zerschlagen und Leonard Percival Howell führt bis zu seinem Tod 1981, beinahe zeitgleich mit Bob Marley, ein zurückgezogenes Leben.

THE FIRST RASTA_08Regisseurin Hélène Lee gilt seit Jahrzehnten als Expertin für jamaikanische und schwarzafrikanische Kultur. 1999 veröffentlicht sie ihre Biographie über Leonard Howell (Deutsch: Der erste Rasta, Hannibal Verlag, 2000), nun begibt sie sich filmisch auf Spurensuche. Das ist insofern nicht ganz einfach, da es kaum Bildmaterial und bis auf die Aufnahmen von der Beerdigung auch kein Filmmaterial über Howell gibt. So konzentriert sich „The First Rasta“ vor allem auf Zeitzeugen, die sich auch heute noch finden, und bekannte Rastafaris wie den Reggae-Musiker Max Romeo und auf Howells erstem Sohn William. Angereichert wird das mit Archivfotos und musikalischen Impressionen der Rastafari.

Fazit: Das Ergebnis der Spurensuche kommt Howell erstaunlich nahe und es entsteht nach und nach ein differenziertes und sehr widersprüchliches Bild des Religionsstifters. Was den Rastafari-Glauben allerdings ausmacht wird nur in den Grundzügen klar. Dieser Aspekt bleibt diffus und „The First Rasta“ liefert keine kritische Auseinandersetzung mit den Rastafari, sondern verlegt sich auf das Portrait. Das ist absolut legitim und für Menschen, die mehr über Bob Marleys Lebensstil erfahren wollen, durchaus interessant. Allerdings, wie eingangs erwähnt, bleibt die Dokumentation notgedrungen hinter dem Buch zurück.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

The First Rasta Plakat„The First Rasta“
OT: Le Premiere Rasta
Genre: Biographie, Dokumentarfilm
Länge: 86 Minuten, F, 2011
Regie: Hélène Lee
Mitwirkende: Max Romeo, The Abyssinians, Count Ossie Group, william Howell
FSK:nicht bekannt
Vertrieb: Neue Visionen
Kinostart: 26.04.2012
DVD-VÖ: 21.09.2012