Shahada: Söhne und Töchter der Sehnsucht

6301_shahada_2-wBenannt nach dem muslimischen Glaubensbekenntnis, streift der deutsche Film „Shahada“ mit drei jungen Muslimen durch das heutige Berlin, auf der Suche nach  Selbstfindung und der Relevanz des Glaubens. „Shahada“ erscheint am 25. Februar 2011 auf DVD und ist eines der eindrücklichsten Dramen seit langem.

Das Spielfilm-Debut des afghanischstämmigen, in Deutschland geborenen Regisseurs Burhan Qurbani zeigt das muslimische Leben im winterfrostigen Berlin an den kunstvoll verwobenen Geschichten seiner drei Protagonisten: Die lebenslustige Maryam (Maryam Zaree) wird ungewollt schwanger und treibt illegal ab. Doch der Abbruch der Schwangerschaft verläuft mit Komplikationen. Der gläubige Nigerianer Samir (Jeremias Acheampong) verliebt sich in einen deutschen Kollegen und der Polizist und Familienvater Ismael (Carlo Ljubek) hat bei einem Einsatz eine unbeteiligte Frau lebensgefährlich verletzt.

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

A6302_shahada_4-wlle drei hadern mit sich und der Lebenssituation in der sie sich befinden. Während der streng gläubige Samir gerade wegen seiner Religiösität keinen Weg findet, mit seiner Homosexualität umzugehen, wendet sich die nicht gerade religiöse Maryam in ihrem Schmerz und ihrer Schuld dem fundamentalistischen Glauben zu. Als  Tochter des toleranten Imam Vedat, der eine kleine muslimische Gemeinde in Berlin leitet, gerät sie auch mit diesem Extrem in Konflikt mit ihrem Vater. Ismael leidet so stark unter seinen Schuldgefühlen, dass seine Ehe fast zerbricht. Zufällig trifft er die angeschossenen Frau wieder und die verdrängten Emotionen wallen wieder auf.

6303_shahada_5-wBurhan Qurbani inszeniert seinen Film mit alttestamentarischer Wucht und einem beinahe heiligen Ernst. Das sichere Gespür für die  Dramatik des Geschehens offenbahrt die Zerrissenheit und Getriebenheit der Figuren. Sein grandioses Ensemble aus weitgehend unbekannten Schauspielern dankt es ihm mit bewegenden und beeindruckenden Darstellungen. Der ambitionierte Abschlussfilm des Regisseurs feierte seine Premiere bei der Berlinale 2010 und wurde gleich für den Goldenen Bären nominiert, auch wenn einige Kritiker in „Shahada“ eine holzschittartige Dramaturgie und oberflächliche Psychologie entdeckten.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht.

6304_shahada_6-wKunstvoll und von atmosphärischer dichter Musik getragen stellt „Shahada“ die Geschehnisse und Zweifel der Hauptfiguren nebeneinander und verschränkt die Episoden zu einem schlüssigen Ganzen, indem die äußere Handlung immer wieder auf zwei regelmäßig besuchte Orte zuläuft: die Moschee von Vedat und die Halle des Großmarktes. Dort arbeiten Samir und seine Mutter ebenso wie Leyla, die von Ismael angeschossen wurde. Bei einer Kontrolle treffen sich die beiden dort zufällig wieder.

6300_shahada_1-wFormal orientiert sich der Filmaufbau an den fünf Säulen des Islam: Hingabe, Opfer, Selbstaufgabe, Entscheidung und Reinigung. „Shahada“ gibt dabei Einblicke in den muslimischen Alltag in einer westlichen Kultur und die Unterschiedlichkeit, mit der sich die Menschen in diesem Spannungsfeld verhalten. Die archaischen Sinnkrisen und das religiöse Motiv gelten aber universell und sind nicht nur auf den Islam gemünzt.

Fazit: Burhan Qurberi gelingt mit seinem ersten Spielfilm  „Shahada“ ein dichtes, stimmungsvolles und archaisches Drama vor einem gesellschaftspolitsch wichtigen Hintergrund, da die Themen Islam und Migration immer noch stark voruteilsbeladenen sind. Die tolle Filmmusik rundet die bewegende Inszenierung angemessen ab.

Film-Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Shahada_DVDShahada
Genre: Drama
Regie: Burhan Qurbani
Darsteller: Maryam Zaree, Jeremias Acheampong, Carlo Ljubek
Länge: 92 min, D,2009
Extras: Outtakes, nicht verwendete Szenen, Trailer
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Polyband/ 3Rosen
Kino-Start: 30.09.2010
DVD-VÖ: 25.02.2011