Neu im Kino: „Das Leben ist kein Heimspiel“

Hoffenheim-WieseMitten in der verkürzten Fußballwinterpause schneit uns eine Doku in die Kinos, die nicht nur für Fans der TSG 1899 Hoffenheim eine willkommene Abwechslung ist: „Das Leben ist kein Heimspiel“ begleitet den beispiellosen Aufstieg Hoffenheims in den Profi-Fußball. „Die spannendsten Story der Fußballgeschichte in den letzten Jahren“.

Während die TSG Hoffenheim mit einem Pokalsieg gegen Gladbach und einem achten Tabellenplatz in der Liga komfortabel überwintert, schafft der Dorfclub, der mit seinem sportlichen Erfolg für weltweites Aufsehen sorgte, den Sprung auf die große Leinwand.  Die Dokumentation „Das Leben ist kein Heimspiel“ hat den erfolgreichen Aufstieg des Amateurvereins in den Profibetrieb hautnah mitverfolgt.

Den Hoffenheim-Fan gab es ja bis vor zwei Jahren noch gar nicht.

Torro02Die Filmemacher Frank Pfeiffer und Rouven Rech witterten ein gutes Thema als der SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp 2006 ankündigte, die finanzielle Unterstützung seines Heimatvereins TSG 1899 Hoffenheim weiter aufzustocken und eine neues, bundesligataugliches Stadion für den Verein zu bauen, der zu dieser Zeit noch in der Regionalliga spielte. Das hatte auch sportliche Konsequenzen, denn ein neues Stadion rechnet sich nur bei sportlichem Erfolg. Das Unternehmen Bundesliga beginnt auf der grünen Wiese.

Wir sind der erste Fanclub. Die Leute kennen sich.

RotthausIm Zentrum des Films steht der Geschäftsführer Jochen Rotthaus, der mit allen Mitteln versucht, das Unternehmen Hoffenheim ins Rollen zu bringen. Im Grunde ist „Das Leben ist ein Heimspiel“ weniger ein Fußballfilm, als eine Wirtschaftsdokumentation. Es geht um das Erfinden und Etablieren der „Marke Hoffenheim“ im deutschen Profifußball. Der Geschäftsführer ist auf seine Weise ebenso authentisch wie die Einwohner Hoffenheims und die treuen Fans der TSG. Die Spannung und der Reiz des Films liegen in der Unterschiedlichkeit dieser beiden Welten, die nun zusammengeführt werden sollen. Die Regisseure begleiten das Geschehen und lassen die Charaktere selbst wirken.

Doch die Skepsis in der ländlichen Region ist groß, Hoffenheim, seit Anfang der 1970er eingemeindeter Stadtteil der badischen Stadt Sinsheim, hat gerade mal 3000 Einwohner. Der Profi-Fußballclub baut ein Stadion für 30.000. Die Menschen hier sind bodenständig und bieder. Das neue Stadion entsteht tatsächlich mitten auf den Acker, der erste und einzige Fanclub hat eine überschaubare Anzahl von Mitgliedern und Fußball, zumindest die TSG, ist scheinbar eher ein Randthema. Woher soll die Identifikation kommen, wenn nicht durch den sportlichen Erfolg?

Die Herzen müssen akquiriert werden.

MannschaftUnd bis zum Ende des Films und auch heute noch gibt der anhaltende Erfolg den „Machern“ des Profi-Clubs Hoffenheim Recht. Ein Hauch von Gigantomanie weht trotzdem durchs Stadion. Das wird von dem Film selbst nicht weiter gewertet, doch es spiegelt die Realität im Profi-Fußball wieder: Merchandising, Akquise und Vermarktung wachsen in absurde Dimensionen, der Sport selbst gerät immer mehr in den Hintergrund der Unterhaltungsindustrie. Doch schizophrener Weise steht und fällt das Ganze Unterfangen genau damit, mit dem Spiel.

Torro RotthausSo intime Einblicke in die Maschinerie bekommt der Fan selten. „Das Leben ist kein Heimspiel“ ist eine unterhaltsame und anschauliche Lehrstunde in Sachen Marketing. Der ewige Konflikt zwischen Tradition und Kommerz kommt ebenso zum Tragen wie die gemischten Gefühle treuer Fans: Natürlich ist das neue Stadion beeindruckend und dem sportlichen Erfolg kann sich niemand entziehen. Aber muss man alles gut finden, nur weil es erfolgreich ist? Warum muss die altgediente Stadionhymne, das Badener Lied, weichen?

Feiern mit 15.000 unbekannten Wilden?

Hoffenheim04Bei aller bierseligen Traditionsduselei und der Tendenz zur totalen Vermarktung, die gerade im Fußball herrschen, werden auch die komplett übersteigerten Reaktionen der Fans anderer Vereine thematisiert. Das Konfliktfeld ist umrissen und wird auch in absehbarer Zeit zur Genüge beackert werden. Der nachhaltige Erfolg der TSG ist keineswegs so gesichert wie es scheint.

Dem Film gelingt es, unterhaltsam und spannend, emotional und bisweilen sehr lustig über das Wirtschaftsunternehmen und den Fußball-Club TSG 1899 Hoffenheim zu berichten. Am Ende sucht sich der Zuschauer zusammen mit dem Vorsitzenden des ersten Fanclubs im gigantischen neuen Stadion einen stillen Ort, um den jüngsten Sieg zu genießen.

Fazit: „Das Leben ist kein Heimspiel“ ist eine  Pflichtveranstaltung und eine Bereicherung für jeden, der sich auch abseits des Spielfelds und jenseits der 90 Minuten für modernen Profi-Fußball interessiert. Ein aufschlussreicher und begeisternder Blick in das Innere der Machinerie.

Film-Wertung: 8.5 out of 10 stars (8,5 / 10)

hoffe_plakatTitel: Das Leben ist kein Heimspiel
Regie: Frank Pfeiffer, Rouven Rech
Genre: Dokumentarfilm, D 2010
Laufzeit: 94 Min.
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Vertrieb:
24 Bilder
Kinostart: 05.01.2011

Zum Filmstart: Der Film startet zunächst in in badischen und würtenbergischen Kinos, ab dem 20. Januar wird nach und nach der Rest der Republik bespielt.

Weiterführende Links:
Zur Film-Homepage mit Kinofinder
Homepage der TSG Hoffenheim